Freitag, Juli 28, 2006

St. Petersburg – G8 Summit und russischer Sexappeal - Eine Zusammenfassung



Gut erst mal, dass ich mich spontaner weise entschieden habe, eine Woche nach dem Gipfeltreffen in das mittlerweile 303 Jahre alte Leningrad zu fahren, wäre ich sonst vielleicht niemals angekommen. Aber nicht nur deshalb hat es sich gelohnt, ein paar Tage zu warten: das in St. Petersburg an den Tag gelegte russische Know-How bei der Unterdrückung von Protesten und Demonstrationen anlässlich des G8-Summits hätte ich nicht mitkriegen wollen. Darüber hinaus war die Organisation bestimmt vorbildhaft!!!

Abgesehen vom Nachgeschmack einiger Pressemeldungen kriegt man vom G8 Gipfel wenige Tage nach dessen Exitus nicht mehr viel mit: Und abgesehen von einigen wenigen Festnahmen diverser Schweizer und Berliner Fahrradfahrer ist ja auch kaum was vorgefallen :-)

Die russische Miliz darf ihre Gesichtsmuskeln mittlerweile wieder offiziell entspannen und ihre Alltags-Flappe ziehen; wurden sie doch während dem G8 von der Regierung amtlich aufgefordert, ständig ein Lächeln auf den Lippen zu tragen und den Anschein von Zufriedenheit zu verbreiten...
Darüber hinaus hofft Putin nach wie vor auf die Aufnahme in die WTO, welche nur noch von den USA abgesegnet werden muss: wahrscheinlich ist dem amerikanischen Handel der immense Verlust der dort ansässigen Musikindustrie an die russische Raub-Piraterie ein Dorn im Auge. Im Gegenzug erhoffen sich die USA von den Russen Unterstützung im Nah-Ost-Konflikt, um gleichzeitig von deren guten Beziehungen zu profitieren...Kluengel en Masse!!!


Zeitgleich findet in St.Petersburg die Debatte um das 300-Meter hohe Gazprom-Business-Center, welches an der Grenze zum historisch geschützten Stadt-Kern entstehen soll, statt.
Der geplante Turm soll zwei mal so hoch sein wie die Peter&Paul-Kathedrale, die eine der vielen Inseln im historischen Zentrum St.Petersburg dominiert. Der Clue an der Sache ist, dass die Stadt dadurch den durch die UNESCO eingeräumten Titel des Weltkulturerbes verlieren würde...

Wer jemals in St.Pete war und die atemberaubende Skyline, gesäumt von vielen Kirchen, der kleinen Heremitage und dem Winterpalast, dem Admirals-Palast, der Manège, dem Dekabristen-Platz... kennt, wird mich verstehen und gleichermaßen die Hände über´m Kopf zusammenschlagen. Hauptsache Mr. Miller, Geschäftsführer von Gazprom, ist davon überzeugt, dass die Petersburger stolz auf deren neues Business-Center wären und dadurch zu Bewohnern einer internationalen Geschäfts-Metropole aufblühen....

Was kriegt man sonst noch so mit von der Stadt an der Newa??? Das historische Zentrum, die Ausstellungshallen der Heremitage mit all den französischen Impressionisten, der Winter-Palast (ich könnte Tage darin verbringen), der angrenzende Sommer-Garten, ich finde dafür gar keine Worte: 200 Fotos sagen viel mehr!!!





Das für seine Fontänen und Wasserspiele berühmte Schloss Peterhof, welches wenige Tage zuvor noch eine einmalige optische Panne geliefert hat (die russischen Gastgeber des G8-Gipfels hatten sich überlegt, die berühmte Samson-Fontäne vor den Augen der ankommenden Staatsgäste hochzufahren –was dazu führte, dass zunächst ein dicker Strahl rostiger brauner Brühe vor dem Barockschloss in die Höhe schoss..) erstrahlt zu meinem Besuch in seinem vollen Glanz. Dafür muss ich mir diesen mit tausend anderen Touristen teilen. Aber gut – Backpacker-Schicksal, ich nehme es auf mich!


Und natürlich habe ich auch einiges ausgelassen, um zurückkehren zu können, nach St.Pete: das längst verschollen-gesagte Bernstein-Zimmer –the-mysterious-Amber-Room- welches sich seit dem Zusammentreffen von Putin&Schröder 2004 in Catherines´Palace (übrigens der einzige Raum, welcher nicht fotografiert werden darf) befindet, werde ich beim nächsten mal genau unter die Lupe nehmen!!!

Ein perfektes Wochenende an der Ostsee lasse ich mit dem internationalen Filmfestival ausklingen. Was könnte da für mich als heimliche-Spanien-Liebhaberin passender sein, als Pedro Almodovars´ “Volver / Return“ mit Penélope Cruz in der Hauptrolle. Was an dieser Veranstaltung das herausragend internationale Prädikat ist, weiß ich bis heute noch nicht: ein Spanischer Film, der auf Russisch läuft? Oder vielleicht die Tatsache, dass Miss Cruz nach ihrem längeren Ausflug in die amerikanische Filmindustrie ihrem Heimatland die Ehre erweist & als königliche Protagonistin auftritt...
Der meinerseits stets bewunderte Almodóvar verherrlicht einmal mehr die Weiblichkeit in ihren schönsten Farben. Die Männer spielen in diesem Film nur Randfiguren: arbeitslose Säufer, Nichtsnutze, untreue Schürzenjäger und sind zudem mit allen Lastern dieser Welt bestraft.

Das erinnert mich irgendwie an das russische Mannsbild und seine Art, Auftreten & Einstellung: Was Pedro in seinem Film künstlich initiiert hat ist hier Realität. Der Russe an sich steht nicht im Vordergrund des Interesses. Er ist nur eine „Randfigur“.
Vielmehr ist es die Slawin: diese scheint in ihrem Auftreten, Denken und Handeln um einiges schneller, geschickter, kecker, forscher und organisierter als das andere Geschlecht. Darüber hinaus schafft sie es, auf sich selbst zu achten!!! Das zeigt sich vor allem durch ein sehr gepflegtes äußeres Erscheinungsbild, einem z.t. überbewerteten Auftreten, dem ausgeprägt übertriebenen Sexappeal... Ein Paradies für (westliche) Männer??? Könnte man meinen...

Ganz nebenbei kann noch bemerkt werden, dass die russische Madame meistens die dominante Rolle innehat, was manchmal in ein –doch, ich würde sagen- ausgebildet zickiges Verhalten umschwingt. Und vielleicht gerade deshalb scheint Sie die perfekte Managerin zu sein –in allen Lebenslagen- sollte ich mir doch ein Stück von ihr abschneiden???




Nach 5 Wochen Russland kann ich die Aussage einer Bekannten, welche neulich zu mir meinte, sie hätte sich mit Russland „völlig ins Abseits der Männerwelt geschossen“ nur allzu gut verstehen... analog nehme ich Vorlieb mit den Expats :-0

Nehmt mir meine Aussagen bitte nicht übel: ich bin nur Beobachterin, ziehe bestimmt viele falsche Schlüsse, die sich im Lauf der Zeit ändern werden. Trotzdem will ich euch an meinen ein-monatigen Eindrücken und Erfahrungen teilhaben lassen.

1 Comments:

At 19:27, Anonymous Anonym said...

Hi Sandra,

ein super Bericht über St.-Petersburg: Die Stadt und die Zaren-Vororte sind wirklich wunderschön. Da könnte auch ich Tage und Wochen verbringen ;-))

Sehr fein beobachtet, was die russische Männer- und Frauenwelt angeht, würde ich Dir niemals übel nehmen und sofort unterschreiben! ;-))

Eine schöne Zeit in Russland и большой привет из Кёльна

Лена

 

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